[Blog] Gemeinsam statt einsam #02, #03, #04

Rückblick und Ausblick

Bereits nächsten Freitag gibt es schon unsere fünfte "Gemeinsam statt einsam"-Veranstaltung. Wir freuen uns auf die folgende Veranstaltung am 18.06.2021 um 19 Uhr mit Willi Wagner von der Bau- und Wohngenossenschft e.G. WohnSinn in Darmstadt.

Bis dahin gibt es eine kleine Nachlese der letzten zwei Termine:

09. April 2021
Britta Lampmann vom "Wohnprojekt Auenland" - Hannover

Gemeinschaftlich, selbstbestimmt inklusiv leben im Wohnprojekt „Auenland“ im Wohnquartier OHE-HÖFE Hannover
Frau Britta Lampmann vom Wohnprojekt Auenland - ein inklusives Mehrgenerationenhaus im Wohnquartier OHE-HÖFE, eine WEG in Hannover, war am 09. April 2021 unser Gast.

Die Webseite des Quartiers http://oheim.haus/ohe-hoefe verrät uns die Eckdaten:

Das Quartier Ohe-Höfe ist ein etwa 7000 m² großes Baugrundstück in Hannover im Ortsteil Calenberger Neustadt.
2014 begann die Planung, im September 2016 hat die Stadt sich für sechs Baugruppen entschieden, die dort ab 2018 bauen. Etwa 100 Wohnungen werden insgesamt entstehen.

Selbstbestimmt Wohnen für mehrfach schwerbehinderte Menschen - wie geht das?
Das Wohnprojekt Auenland plant im EG eine in privater Initiative organisierte Wohngruppe mit mehrfach schwerbehinderten Menschen. Auf über 100 m² möchten sie selbstbestimmt in familiärer Atmosphäre trotz körperlicher Einschränkungen und mit Pflegeangeboten ihr Gemeinschaftsleben gestalten. http://www.vswh.de/ Die Wohnvorstellungen wurden von den zukünftigen Bewohner:innen in Modellen dargestellt. Bei Ausflügen, in Arbeit, Spiel und Rallys entwickelte sich ein Beziehungsgeflecht – der Kitt im Wohnprojekt Auenland.

Die Keimzelle: Eltern von jungen Menschen mit Assistenzbedarf
Sie suchten Mitstreitende, gründeten Vereine, eine GbR, eine WEG und vieles mehr. Denn hier mussten verschiedene Fördertöpfe und verschiedene Vorstellungen von selbstbestimmten Wohnen entwickelt und durchgesetzt werden. Zentral für die Lebensqualität sind die Wohnverhältnisse, die Rechte der Bewohner:innen, soziale Kontakte und Beziehungen. Die Eltern der jungen Menschen mit Assistenzbedarf ziehen aber nicht selbst in das Mehrgenerationenhaus ein, sondern sind bei ihren Kindern zukünftig als Besucher gern gesehene Gäste.

Wir alle kennen Personen aus dem Familien- und Freundeskreis, die mit körperlichen und oder mentalen Beeinträchtigungen täglich zu kämpfen haben.“ Britta Lampmann
In den Geschossen oberhalb der Wohngemeinschaft für junge Menschen mit Assistenzbedarf wohnen Bürger:innen in Eigentumswohnungen, die Beeinträchtigungen annehmen und als etwas zum Leben gehörendes betrachten, die im Verwandten- und Freundeskreis bereichernde Erfahrungen mit beeinträchtigten Menschen sammeln konnten, die sich an der direkten Kommunikation freuen, reifen und wachsen.

Alternative Wohnformen liegen weltweit im Trend und werden nach individuellen Bedürfnissen der mitwirkenden Menschen organisiert. Die größtmögliche Gleichstellung und Selbstbestimmung von Menschen mit Assistenzbedarf wird dabei eher selten inkludiert.
Für das ecovillage hannover: Olga

16. April 2021
Ruth Buchanan vom Projekt "R50" - Berlin

Individuell, suffizient und gemeinschaftlich leben in R50 Berlin
ein ab 2011 entwickeltes Konzept einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Unsere Impulsreihe „Gemeinsam statt einsam – von anderen lernen“ ging am 16. April 2021 mit dem Wohnprojekt R50 in Berlin-Kreuzberg in die 3. Runde. Wir freuten uns auf einen besonderen Gast – Ruth Buchanan vom Studio Buchanan! Als Künstlerin in der Wahlheimat Berlin schreibt sie leidenschaftlich zum Thema Architektur und lebt mit ihrer Familie in einer zukunftsorientierten gemeinschaftlichen Wohnform in der Ritterstr. 50 bzw. R50 in Berlin-Kreuzberg.

Die Eckdaten zum Wohnprojekt R50:
Bauherr: Ritterstraße 50 GbR, Bauzeit: 2011 bis 2013, Baukosten: 3 887 385 €, Grundstück: 2 056 m², Gesamtkosten: 5 391 492 Euro mit 2 150 Euro/m² sind privat bzw. mit den Kreditinstituten die GLS und Umweltbank finanziert.
Architekten: Projektgemeinschaft ifau und Jesko Fezer | HEIDE & VON BECKERATH, Berlin
19 Wohnungen zwischen 80 bis 130 m², insgesamt 2 130 m² Wohnfläche für circa 62 Bewohner - Wohnfläche pro Kopf im Durchschnitt: 34 m² damit unter dem Berliner Durchschnittswert Gemeinschaftsflächen: 70 cm breite, durchlaufende Umgang vor den Wohnungen, eine Dachterrasse, Waschküche und Holzwerkstatt, der doppelgeschossige Raum im EG für alle und ein großer Garten.
Kostengünstiges Bauen – ein Ziel von R 50
Sparsamer Materialeinsatz und geringe Wohnflächen wurden effizient organisiert, z.B. schlank gehaltenes Stahlbetonskelett, minimierte Stützenanzahl, unverputzte Treppenhäuser, Balkone mit Gitterboden, Laubengang als Kommunikationsring.

Individuell Wohnen – jede Wohnung ist anders geschnitten
Die Architekten planten maßgeschneiderte Grundrisse für die individuellen Wohnbedürfnissen der zukünftigen Eigentümer:innen. Die nicht-tragenden Innenwände ermöglichten diejenige Flexibilität, die sich auch für zukünftige Wohnbedürfnisse bei Verkleinerung oder Vergrößerung der Familie bewährt.

Ein kleiner aktiver Kern brachte das Projekt ins Rollen
Ruth berichtete uns wie aus einer gemeinsamen Idee befreundeter Menschen ein nachhaltiges Zuhause für Viele in einer Großstadt Berlin entstand. Sie würden es wieder wagen – allerdings mit einer reduzierten großen Gemeinschaftsfläche im EG (z.Z. 130 m²). Auch die Dachterrasse wird weniger besucht als erwartet und könnte kleiner geplant werden.

Empathie – der Schlüssen für die Gemeinschaftsbildung
Wir befragen unsere Gäste gerne zum Thema Gemeinschaft. Ruth sprach dabei von der Notwendigkeit, Empathie für sich selbst und die anderen zu entwickeln. Individuelle Lebensvorstellungen und Vorzüge einer gesunden Gemeinschaft erfordern ständige Balance und Änderung des eigenen Lebensstils.
Für das ecovillage hannover: Olga

21. Mai 2021
Vedrana Žalac von der Wohngenossenschaft Zimmerfrei - Basel

Haus ‚StadtErle‘ der Wohngenossenschaft Zimmerfrei, Basel / CH – Genügsam. Nachhaltig. Nachbarschaftlich.
Impulsreihe „gemeinsam statt einsam – von anderen lernen“ begrüßte am Freitag den 21. Mai 2021 ihren ersten Gast aus einem Schweizer Wohnprojekt - Frau Vedrana Žalac von der Genossenschaft Zimmerfrei in Basel. Vedrana arbeitet im Vorstand der Genossenschaft, war Mitinitiatorin des Projekts ‚StadtErle‘ und wohnt dort mit ihrer Familie.

Als Start-Up in 2013 gegründet erhielt die Zimmerfrei Genossenschaft in einem öffentlichen Ausschreibungsprozess der Stadt Basel trotz geringen Eigenkapitals den Zuschlag ein Wohnhaus für rund hundert Menschen zu bauen. Die Stiftung Habitat unterstützte das Vorhaben: sie kaufte das Grundstück.

Konkurrenz um begehrte Bauplätze in Basel - Konzeptzuschlag
Die Konzeptidee überzeugte und erhielt den Zuschlag!

„NACHHALTIG, weil gemeinnützig, sozial durchmischt, generationsübergreifend, energieeffizient gebaut, erneuerbar energieversorgt;

GENÜGSAM, weil kompakt bewohnt, effizient erschlossen, attraktiv durch Synergien;

NACHBARSCHAFTLICH, weil kommunikativ, initiativ, engagiert;

GEMEINSCHAFTLICH, weil genossenschaftlich verwaltet, vielseitig aneigenbar.“

Der ehemalige Güterbahnhof der Deutschen Bahn wurde zum Stadtteil Erlenmatt in Basel reorganisiert. Das Haus StadtErle steht im Areal Erlenmatt mit insgesamt 13 Häusern. Sämtlich wurde nach 59 ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Kriterien gebaut. Zusätzlich sind ein gelungener Sozial- und Generationenmix, Arbeitsplätze unterschiedlichster Art und ein Areal mit stark eingeschränkten Autoverkehr entstanden.
Viel ehrenamtliche Arbeit ist erforderlich – wie erreicht man das Ziel?
Vedrana Žalac berichtete über unzähligen Stunden der ehrenamtlichen Arbeit hinter diesem Projekt. Dabei sind die zwischenmenschlichen Beziehungen enorm wichtig, um die anstrenge Planungs- und Bauphase durchstehen zu können. Es wurden im Prozess die Rahmenbedingungen, wie Nachhaltigkeit, immer weiter präzisiert. Gerade für neue Genossenschaftsmitglieder sorgen klare Themen, konkrete Ziele und definierte Aufgaben für erfolgreiche Integration. Schließlich sind nur 10-15 % der Gründungsmitglieder tatsächlich eingezogen.
Was ist einzigartig im Haus StadtErle?
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Bewohner:innen verpflichten sich beim Einzug in einer größeren Wohnung, diese später auch zu wechseln, wenn die eigenen Kinder ausziehen;

- Joker-Zimmer für Studenten und Berufseinsteiger werden nur kurzzeitig vermietet;

- ein Solidaritätsfonds der Genossenschaft kann nach Antrag finanzielle Hilfestellung anbieten, falls jemand die eigene Miete vorübergehend nicht zahlen kann;

- die gleiche Miethöhe ist für sämtliche Bewohner:innen konnte nach dem Einzug sogar gemindert werden: z.B. 1 Zi-Wg von 971 CHF auf 919 CHF., 2,5 Zi-Wg von circa 1400 CHF auf circa 1270 CHF

- breite Laubengänge bestückt mit Möbeln und Pflanzen sind spontane Treffpunkte für Bewohner und beliebte Spielwiese für Kinder des Hauses;

- Entwicklung einer sogenannte „Sprache der Gebäude“ in dem man beispielsweise die Nachbarschaft durch den geschlossenen Vorhang signalisiert, dass man Zeit für sich braucht;

- Balance zwischen Gemeinschaft & Privat durch geschickten Grundriss bewahren: die Wohnungen sind mit einer Küche zum Laubengang ausgerichtet, im Inneren verstecken sich Schlafraum und private Balkone;

- die Sozialwohnungen mietet die Stadt Basel, eine Integration der Bewohner:innen ist gelungen

Was wäre im nächsten Hausprojekt anders?
Die gemeinschaftlichen Räume können weniger Fläche beanspruchen und präziser konzipiert werden.
Für das ecovillage hannover: Olga

© ecovillage hannover eG