[Blog] Gäste und Büros weitergedacht

Studierende erforschen Ansätze für Coworking und Beherbergungsbetrieb am ecovillage hannover

Die Themen Nachhaltigkeit und Solidarität erfahren aktuell immer mehr Aufmerksamkeit. Das effiziente Einsetzen unserer begrenzten Ressourcen wird nicht nur immer wichtiger, sondern angesichts der planetarischen Herausforderungen für die Menschheit auch existenzieller Natur. Ein ökologisch nachhaltiges und gemeinschaftliches Zusammenleben wird daher zu einem Trendthema. Was Jahrzehnte lang in einem weiten Netz von “Ökodörfern” meist fern ab der großen Metropolen erprobt wurde, dringt jeden Tag tiefer in den Mainstream und prägt die Entwicklung sogar von begehrten städtischen Quartieren.

Diese Entwicklungen begeisterten eine Gruppe von Studierenden des Masterstudiengangs Regionalmanagement und Wirtschaftsförderung der HAWK in Göttingen. Im Rahmen einer Projektarbeit nahmen sie das ecovillage hannover (evh) in den Fokus und fragten sich, inwiefern neue Arbeitsmodelle (Coworking) und Übernachtungsmöglichkeiten (Beherbergungsbetrieb) in das Quartierskonzept des evh integriert werden können. Sie kooperierten dabei mit dem evh Team Gäste & Büros.

Der Fokus lag hierbei auf dem Gebäude namens CYC-Hub (Gebäudekennung B6), das am Dorfplatz im vierten Bauabschnitt entstehen soll und somit Teil des Mittelpunktes der Siedlung darstellt. Sowohl ökonomische als auch ökologische Aspekte sowie der Beitrag zur Lebensqualität wurden bei der Konzeptentwicklung betrachtet.

Was fanden die Studierenden heraus?

Das ecovillage bietet bedeutsame ökonomische und soziale Wertschöpfungspotenziale, sowohl für sich selbst, als auch für die unmittelbare Nachbarschaft am Kronsberg bzw. im gesamten Stadtteil Bemerode. Die Studierenden fanden heraus, dass eine Zusammensetzung des CYC-Hubs aus einem Coworking-Space und einem Beherbergungsbetrieb vorteilhafte Synergien für das evh erzeugen kann.

Anhand von Experteninterviews mit Vertreter:innen aus vergleichbaren Projekten in Wien (Biotope-City), Bremen (Elener Hof) und München (Prinz Eugen Park) sowie von Recherchen in Fachliteratur wurden verschiedene Ansätze und Handlungsempfehlungen entwickelt. Die Studierenden leiteten sich bei der Projektarbeit und der eigenen Ideenentwicklung von dem Gedanken, die Bedürfnisse und Potenziale der Menschen und Organisationen in der Umgebung des evh – also, im Kronsberg als etabliertes Quartier – in das Angebot einzubeziehen, anstatt ihnen ein fertiges Angebot vorzusetzen.

Ganz nach dem Motto:

Mitgestaltung als Schlüssel zum langfristigen Erfolg.

Eine Reihe an Erkenntnisse und Empfehlungen konnten mit der Arbeit gesammelt werden:

  • Das Kulturzentrum KroKuS besteht seit dem Jahr 2000 und bietet bereits Räume und Ausstattung für Gruppen, Werk- und Kreativbereichen sowie einer Bibliothek. Im Plenarsaal können bis zu 200 Personen tagen. Auch sog. soziale Verfügungsflächen werden von Initiativen, Vereinen und sozialen Einrichtungen für die aktive Stadteilarbeit genutzt. Diese Ressourcen gilt es in Form von Kooperationen zu nutzen. Doppelungen im Angebot sollten vermieden werden.
  • In Coworking-Spaces sind klassischerweise junge, selbstständige Akademiker:innen aus der Medien- und Kreativwirtschaft anzutreffen. Da dieses Klientel nur bedingt am Kronsberg und Umgebung vorhanden ist, empfiehlt sich frühzeitig künftige Nutzer:innen in der Gestaltung der neuen Arbeits- und Kooperationsinfrastruktur einzubeziehen. Der pandemiebedingte Wandel der Arbeitsorte und –Kulturen, insbesondere bei Angestellten, gilt es hier zu prüfen und zu nutzen.
  • Notwendig für eine attraktive Gestaltung der Quartiersmitte am evh erscheint die Einrichtung einer attraktiven und nachhaltigen Gastronomie (Bio/Fair/Regional/Vegetarisch/Vegan). Dies wird ein wichtiges Bindeglied zwischen evh-Wohngebäude, Coworking, Berherbergungstetrieb und die sonstige Bewohner:innen des Kronsbergs an sich sein.
  • Das Potenzial vom evh für Fach- und Ökotourismus wird als sehr hoch eingeschätzt. Am evh können Interessierte in Zukunft vielfältigste Nachhaltigkeitsansätze und ihre Integration in einer gemeinschaftliche Wohnsiedlung betrachtet, gelernt und am eigenen Leib erlebt werden. Digitale Nomaden, Macher:innen anderer Wohnprojekten oder generell Fachkräfte der Stadt- und Quartiersentwicklung sind künftige Künd:innen von Wissens- und Bildungsangebote des evh. Diese brauchen Versorgung, Beherbergung sowie auch Arbeits-, Lern- und Kreativorte während ihres Aufenthalts im evh.
  • Nach der pandemiebedingten Pause hat die Messe Hannover den Betrieb wiederaufgenommen, jedoch sind Aussteller- und Besucherzahlen deutlich unter dem üblichen Niveau geblieben. Aufgrund des Standorts vom evh sind Messegäste zu bestimmten Zeiten im Jahr dennoch eine Interessante Zielgruppe. Messegäste sind überwiegend männlich, reisen meist mit dem Auto an und halten sich kaum noch im Übernachtungsbetrieb aufgrund der intensiven Messetätigkeiten auf. Hier stellt es sich die Frage, ob wir für die ÖPNV- und Nachhaltigkeitsaffine Menschen unter den Messegästen eine Attraktive Stätte sein und welche Ergänzungsangebote sie anziehen können (z.B.: Tagungsräume am CYC-Hub nutzen oder Aufnahme von Fachexkursions- und Bildungsangebote in ihrem Messebesuch integrieren).
  • Schließlich machten die Studierende auf das Potenzial zur Verwertung aller integrierten Wissens- und Lerneffekte des evh als sogenanntes „ECOnsulting“ aufmerksam. Städte- und Regionen auf dem gesamten Globus sind zurzeit mit massiven Herausforderungen beim nachhaltigen Wohnbau und möchten – so die politischen Zielsetzungen – zukunftsweisende Stadtentwicklung vorantreiben: da kann das evh zeigen was und wie zu tun ist! Darin lässt sich weiteres ökonomisches Potenzial heben.

Wie geht es mit den gesammelten Ideen weiter?

Alles in allem unterstreicht die Projektarbeit die Bedeutung der Funktionen vom Coworking, Beherbergungsbetrieb, Tagungs- und Bildungsstätte sowie Gastronomie für eine attraktive und funktionierende Quartiersmitte am evh. Um dahin zu kommen sind die Zutaten für das Erfolgsrezept die „Passung in das bestehende Quartier“, die „Beteiligung künftiger Nützer:innen und Visualisierung ihrer Bedürfnisse“ sowie auch die „schrittweise Entwicklung mit der wachsenden evh Siedlung“.

Wer Interesse hat die Projektarbeit genauer zu lesen, kann sie unter folgendem Link herunterladen -> Link

Bei der kommenden Dorfratssitzung am 24. Oktober 2022 wird durch das Team Gäste und Büros ein erstes Konzept zur Beherbergung von Gästen bis zum Bau des Gebäudes B6 vorgestellt und diskutiert.

Sowohl die Studierende der HAWK (Nik, George, Luca und David) als auch die betreuenden Mitglieder des Teams Gäste & Büros (Magdalena und Alistair) bedanken sich für die konstruktive Zusammenarbeit und freuen sich auf weitere Kooperationen dieser Art.

© ecovillage hannover eG